Betreuungszeiten Wechselmodell
Worum geht es?
Das Betreuungszeiten-Wechselmodell ist eine besondere Ausformung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung. Beim Wechselmodell betreut und versorgt nicht nur ein Elternteil das Kind. Beide Eltern übernehmen hier die Verantwortung. Deshalb gibt es beim Wechselmodell auch kein gesondertes Umgangsrecht, da es um die gemeinsame Betreuung geht. Beim Wechselmodell versorgen die beiden Eltern das gemeinsame Kind nach der Trennung zu gleichen Teilen. Das Kind lebt also beispielsweise eine Woche bei einem Elternteil und in der nächsten Woche beim anderen Elternteil.
Wie die Wechselintervalle gestaltet werden, soll sich nach den individuellen Verhältnissen und dem Kindeswohl richten. Durch das Modell soll eine
- gleichwertige Beziehung des Kindes zu beiden Elternteilen gelebt werden.
- dem Kind ein Zuhause bei beiden Elternteilen ermöglicht werden.
- die elterliche Verantwortung auf Mutter und Vater gleich verteilt werden.
Damit sind aber nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile verbunden.
Ohne Konsens gelingt ein Wechselmodell nicht.
Ein Wechselmodell kann nach der Ansicht von Juristen und Psychologen dann gelingen, wenn die Eltern sich verstehen. Nur wenn die Eltern sich über die Erziehung des Kindes im Großen und Ganzen einig sind und (wieder) in der Lage sind, Entscheidungen für das Kind – sei es auch nach Diskussion oder Auseinandersetzung – gemeinsam zu treffen, ist ein Wechselmodell überhaupt durchführbar.
Nach einer Entscheidung des BGH soll sogar die Möglichkeit bestehen, ein Betreuungszeiten-Wechselmodell gegen den Willen der Eltern anzuordnen. Hierzu bestehen aber erhebliche Zweifel. Wie eine solch wichtige Lebensform gegen den Willen eines oder beider Elternteile durchgesetzt werden soll, ist noch nicht geklärt. Zwar schützt Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz Eltern und Familie. Der Verfassungsartikel gewährleistet aber auch die Erziehungsautonomie der Eltern.
Praktische Probleme
Eine besondere Herausforderung ist durch die unterschiedlichen Wohnorte gegeben. Ein Wechselmodell kann nur dann praktiziert werden, wenn Eltern nach der Trennung so nahe beieinander wohnen, dass das Kind nicht den Kindergarten oder die Schule wechseln muss.
Lange Wege zum Kindergarten oder der Schule sind weder den betreuenden Elternteilen, noch dem Kind zumutbar. Idealerweise besteht auch ein einheitlicher Freundeskreis des Kindes. Sicher bieten unterschiedliche Orte unterschiedliche Möglichkeiten. Freundschaften werden auch im Kindergarten oder in der Schule geschlossen. Einfacher ist es aber oft für das Kind, wenn Freundin oder Freund in der Nähe wohnt und die Kinder sich ohne große Absprachen auch kurzfristig treffen können.
Auch beliebte Orte, wie Spielplatz, Schwimmbad oder ähnliches sollten in der Nähe sein und nicht zu oft wechseln.
Wechselmodell: Aufteilung der Tage
Ein echtes Wechselmodell liegt nur dann vor, wenn die Betreuungszeiten wirklich gleich verteilt sind. Das Familiengericht wird zwar nicht auf jede Minute Unterschied achten. Bei einer dauerhaft ungleichen Aufteilung der Tage liegt aber das klassische Residenzmodell vor. Bei diesen übernimmt ein Elternteil die Betreuung, der andere hat Umgang. Eine ungleiche Aufteilung der Tage von z.B. 54 % zu 46 % hat dann auch Auswirkungen auf den Unterhalt (siehe unten).
Solange das ausgeglichene Verhältnis sichergestellt ist, können beim Wechselmodell die Tage aufgeteilt werden. Hier ein paar Beispiele:
Wöchentlicher Wechsel: Das Kind verbringt abwechselnd jeweils eine ganze Woche bei einem Elternteil. Sonntag ist der Wechseltag.
2-2-5-5-Modell: Das Kind verbringt 2 Tage beim ersten Elternteil, dann 2 Tage beim zweiten. Danach kommen 5 Tage beim ersten Elternteil und dann 5 Tage beim zweiten. Das kann dann beispielsweise so aussehen:
- Vater: Montag, Dienstag
- Mutter: Mittwoch, Donnerstag
- Vater: Freitag, Samstag, Sonntag, Montag, Dienstag
- Mutter: Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag
2-2-3-Modell: Das Kind verbringt 2 Tage beim ersten Elternteil, 2 Tage beim zweiten und dann 3 Tage beim ersten. In der zweiten Woche wiederholt sich das Muster mit vertauschten Rollen. Dann beginnt alles wieder von vorne. Das könnte so aussehen:
- Vater: Montag, Dienstag
- Mutter: Mittwoch, Donnerstag
- Vater: Freitag, Samstag, Sonntag
- Mutter: Montag, Dienstag
- Vater: Mittwoch, Donnerstag
- Mutter: Freitag, Samstag, Sonntag
Wie ist es mit dem Kindesunterhalt?
Fraglich ist, wie in Fällen des Wechselmodells der Kindesunterhalt geregelt wird. Grundlage eines Barunterhaltsanspruchs ist, dass das Kind hauptsächlich von einem Elternteil betreut und versorgt wird. Der andere Elternteil hat ein Umgangsrecht. Er zahlt aber Kindesunterhalt. Seine Betreuungszeiten während des Umgangs werden grundsächlich nicht unterhaltsmindernd berücksichtigt.
Sind aber nun, wie beim Wechselmodell, die Betreuungszeiten gleichmäßig verteilt, so stellen sich hier völlig neue Fragen. Bei einem echten Wechselmodell ist kein Kindesunterhalt zu zahlen. Allerdings kann ein Ausgleichsanspruch entstehen, wenn die Eltern ein unterschiedlich hohes Einkommen haben oder ein Elternteil höhere Ausgaben hat. Letzteres kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Kind nur mit einem Elternteil Kleidung kauft oder Mehr- und Sonderbedarf hauptsächlich von einem Elternteil bezahlt wird.
Weitere rechtliche Probleme beim Wechselmodell
Wie ist es mit dem Wohnsitz?
Wer soll das Kindergeld beziehen?
Wer entscheidet über Fragen des täglichen Lebens?
Beim Wohnsitz entscheiden sich viele Eltern für einen Hauptwohnsitz und einen Nebenwohnsitz. Allerdings bezieht dann immer der Elternteil, bei dem das Kind mit Hauptwohnsitz gemeldet ist, das Kindergeld. Dies wird bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs berücksichtigt oder hälftig aufgeteilt.
Liegt die Sprengelgrenze für die Anmeldung der Grundschule zwischen den Wohnsitzen der Eltern – in welcher Schule soll das Kind angemeldet werden? Auch hier kann der Hauptwohnsitz ausschlaggebend sein. Gegebenenfalls können die Eltern selbst durch einen Tausch von Haupt- und Nebenwohnsitz eine Lösung finden, oder einen Gastschulantrag stellen.
Die Entscheidungsbefugnis über die Alltagsangelegenheiten liegt immer bei dem, bei dem sich das Kind tatsächlich aufhält. Alles andere sollte bei einem funktionierenden Wechselmodell gemeinsam entschieden werden.
Allerdings ist es für das Wechselmodell kein K.o.-Kriterium, wenn die Eltern sich nicht einig sind. Uneinigkeit gibt es auch in funktionierenden und bestehenden Partnerschaften. Häufig ist sie nach der Trennung stärker ausgeprägt. Viele finden aber auch gerade, weil sie getrennt sind, eine bessere Basis, um Dinge ruhig und sachlich auszudiskutieren.
Betreuungszeiten Wechselmodell – Gibt es bald eine gesetzliche Regelung?
Eine gesetzliche Regelung ist noch nicht in Sicht. Eltern sind im Rahmen des gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich frei, die Betreuungszeiten für ein gemeinsames Kind nach ihren Vorstellungen und dem Wohl des Kindes zu regeln.
Rechtlich und praktisch sind die Eltern an einer einvernehmlichen Durchführung eines Wechselmodells ohnehin nicht gehindert.
Auch gibt es noch wenig Erfahrungen, wie sich das Wechselmodell auf Kinder auswirkt. War es in der Vergangenheit so, dass ein Elternteil hauptsächlich betreut und der andere Elternteil das Umgangsrecht hatte, so können sich viele Eltern nach der Trennung überlegen, ob sie die Verantwortung für ein gemeinsames Kind nicht ebenso wie die Freude über das gemeinsame Kind teilen.